„Können wir nicht vermitteln, dass der Denkmalstatus keine Bedrohung ist für Entwicklung und moderne Nutzung? Täglich hören wir im Radio „den besten Mix“. Also, warum nicht auch in unserer Stadt dieses Rezept: Das Beste aus den 1960er, 70er und 80er Jahren und die größten Hits von heute. Das wäre auch für die Architekturdebatte das richtige Maß! Dass die Debatten neben den persönlichen Geschmäckern meist auch vom konkreten Pflege- oder eben Verwahrlosungszustand vieler Anlagen geprägt sind, ist ja lange bekannt. Auch dem könnte man entspannt begegnen: „Putzen und Benutzen“ – das ist das Motto der Werkstatt Baukultur Bonn, und es gilt überall.“

In seinem Vortrag in der Jahresreihe des Architektur Forum Rheinland hat Dr. Martin Bredenbeck am 4.6.2018 mit klugen Worten eine Haltung zur Thematik „Ebertplatz“ kundgetan, die auch der Arbeitskreis Nachkriegsmoderne im Rheinischen Verein für Denkmalschutz und Landschaftspflege teilt. Auf den aktuellen Seiten von moderneRegional lest Ihr seine vollständigen Einlassungen dazu. Als der Arbeitskreis, der aus der Initiative Brutalismus im Rheinland hervorgegangen ist, im RVDL entstand, ging es allen Beteiligten vor allem darum: eine Wahrnehmung des baukulturellen Erbes aus der Zeit der 60er, 70er und 80er Jahre zu befördern, die nicht von persönlichem Geschmack oder sonstigen Stereotypen geprägt ist. Aus unserer Sicht geriet gerade die brutalistische Architektur in Gefahr, einer vorgefertigten Meinung zum Opfer zu fallen.

Denkmal oder nicht Denkmal?

Als besonders typisches Beispiel für eine Zuschreibung zur Hässlichkeit oder Manifestation als Angstraum zeigte sich der Ebertplatz und so entstand hier konkreter Handlungsbedarf. Aus einer Verantwortung für das kulturelle Erbe der Nachkriegszeit und als Ergebnis bürgerschaftlichen Engagements formulierten wir eine Vorlage, die auf die ästhetischen Qualitäten des Ebertplatzes hinwies und um die Prüfung der Denkmalwürdigkeit bei den zuständigen Behörden bat. Die fachliche Kompetenz wurde in diesem Falle von mehreren Seiten beigesteuert, unter anderem durch den ehemaligen Stadtkonservator Dr. Ulrich Krings und die Mitarbeit des angehenden Kunsthistorikers Jonas Wagner, der Forschungen zum Ebertplatz betrieben hat. (Einen erweiterten Text aus dieser Vorlage haben wir bereits hier verbloggt.) Ein Schreiben ging gleichzeitig an Oberbürgermeisterin Henriette Reker, den Stadtkonservator Dr. Thomas Werner und an die Landeskonservatorin Dr. Andrea Pufke.

So weit, so gut. Was dann geschah, hat uns sehr überrascht. Ein sehr ungewöhnlicher Abbruch der bereits begonnenen Prüfung erfolgte und in der lokalen Tagespresse meldete sich der Stadtkonservator zu Wort.

Ich sehe den Ebertplatz zwar als Zeitdokument, der allerdings weitreichende Planungsfehler beinhaltet. Im Rückblick der vergangenen Jahrzehnte lässt sich das vor allem in Bezug auf seine Zugänglichkeit feststellen. Die Nord-Süd-Querung ist nur über Treppenanlagen oder Rolltreppen möglich. Das wichtige Thema der Barrierefreiheit spielte damals keine Rolle.

Abgesehen davon, dass die Zugänglichkeit des Ebertplatzes sehr wohl gegeben ist durch zwei barrierefreie breite Öffnungen, über die man ohne Straßenquerung direkt in den angrenzenden Park am Theodor-Heuss-Ring laufen kann, ist natürlich in den vergangenen Jahrzehnten einiges verschlimmbessert worden. Der Planungsfehler liegt vielleicht eher in der nicht konsequent bedachten Pflege des Platzes. Wir haben zu diesem Thema auch mit einem ehemaligen hochrangigen Mitarbeiter der Stadtverwaltung gesprochen, der uns folgendes dazu sagte:

Fakt ist doch, dass die Stadt wie leider nicht nur hier, den Platz, der nach Fertigstellung vom Publikum durchaus positiv angenommen wurde, hat regelrecht „verloddern“  lassen: Es begann mit dem Abschalten und Stilllegen des Brunnens, der, wie man Gott sei Dank inzwischen hier und da wieder auf Fotos sehen kann, ein kleines Sommerparadies für Kinder war. Das hat den Wolfgang Göddertz, den ich noch kannte, richtig gefreut. Dann wurden die beiden Fahrtreppen gezielt nicht mehr gewartet, es wurde nicht mehr ordentlich gereinigt etc. etc. Ganz toll ist auch der Umgang mit den teilweise zerstörten Deckenleuchten: Man ersetzte nicht sondern schraubte Bleche auf die Montageöffnungen. Wer soll sich da wohlfühlen??

Dr. Barbara Schock-Werner, die als Vorsitzende des Regionalverbands Köln im Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz von Anfang an hinter der Begutachtungs-Vorlage stand und diese auch für uns auf den offiziellen Weg geschickt hat, stellte ihrerseits in ihrer Kolumne im Kölner Stadtanzeiger fest:

Wir finden das heute vielleicht nicht mehr schön. Aber genau deshalb hat der „Arbeitskreis Nachkriegsmoderne“ im Rheinischen Verein für Denkmalpflege eine Unterschutzstellung des Ebertplatzes angeregt, damit die Generation der Söhne und Töchter nicht für hässlich erklärt und beseitigt, was die Generation der Enkel vielleicht schon wieder für ästhetisch attraktiv hält.

Im Gespräch bleiben

Es ist großartig, dass sich trotz mancher negativer Stimmen aus der Bevölkerung doch auch sehr viele Unterstützer des Ebertplatzes engagieren. Man merkt an dieser Stelle sehr deutlich, dass der Charakter des Platzes im Stadtbild auch verstanden wird. Und genau an diesem Punkt möchten wir ansetzen. Mit einer Veranstaltung, zu der wir im September einladen: „Laubfrosch, Tausendfüßler und andere Charaktermonster“ – mit diesem Titel wollen wir eine Diskussion um die Bewertung der Nachkriegsmoderne anregen. Da kann und soll der Ebertplatz auch ein Programmpunkt sein. Uns ist daran gelegen, mit allen Akteuren ins Gespräch zu kommen und unsere Sicht auf das Thema „Denkmalschutz“ zu diskutieren. Hierzu wollen wir gerne in Kürze zu einem Treffen anregen. Wir werden auf die Initiativen gezielt zugehen, freuen uns aber auch auf Hinweise, wer sich noch beteiligen kann und will. Gerne per Mail an bureau@brutalisten.de

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